Pflege studieren: Mit einem Pflegestudium zur Führungskraft mit Patientenfokus

Stationsleitung auf einer kardiologischen Station – das klingt nach Organisation, Verantwortung und jeder Menge Koordination. Doch für Leonie Müllner, 33 Jahre alt und Pflegefachkraft im Marien Hospital Herne – Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum – ist es vor allem eines: eine Berufung. Schon früh war ihr klar, dass sie nah am Menschen arbeiten will. Dass sie diesen Weg einmal mit einem abgeschlossenen Pflegestudium als Pflegefachkraft mit Leitungsfunktion einschlagen würde, ahnte sie beim Freiwilligen Sozialen Jahr noch nicht.

Geboren in Wuppertal, lebt die junge Stationsleitung heute wieder in ihrer Heimatstadt. Beruflich jedoch ist sie in Herne zuhause – genauer gesagt auf der kardiologischen Station im Marien Hospital Herne. Die Station umfasst neben der kardiologischen Versorgung auch Betten für die internistische, gefäßchirurgische und orthopädische Behandlung. 

Seit 2013 ist sie Teil der St. Elisabeth Gruppe, ihren Einstieg fand sie über die Kooperation ihrer Hochschule mit der Krankenhausgruppe. „Ich war froh, hier anfangen zu können. Viele meiner Kommilitonen aus dem Pflegestudium haben ebenfalls hier gestartet – das hat den Einstieg natürlich erleichtert“, erzählt sie. Damals war das Pflegestudium in Deutschland noch neu, sie gehörte zur zweiten Kohorte überhaupt.

Das Pflegestudium: Wenn ein Plan B zur Berufung wird

Ursprünglich wollte Leonie Müllner Medizin studieren. Doch der Numerus clausus machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Sie entschied sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr auf einer internistischen Station – und gewann dort einen vielschichtigen Einblick in den Krankenhausalltag. Besonders beeindruckte sie, wie eng die verschiedenen Berufsgruppen zusammenarbeiten müssen, damit alles reibungslos funktioniert. Gleichzeitig fiel Leonie Müllner auf, wie sehr viele Abläufe durch Organisation, Koordination und Dokumentation geprägt sind. Für sie wuchs dabei der Wunsch, eine Aufgabe zu übernehmen, die ihr den unmittelbaren Kontakt zu den Patienten ermöglicht – mit Zeit, Präsenz und echter Zuwendung. Genau diese Nähe wollte sie gestalten. Im Pflegestudium fand sie schließlich ihren Weg – und ihre Berufung.

„Ich wollte keine Arbeit am Schreibtisch – ich wollte mit Menschen arbeiten. Pflege zu studieren hat es mir ermöglicht, die praktische Patientenversorgung mit fundiertem Fachwissen zu verbinden.“ Dass sie damit einen zukunftsweisenden Weg einschlug, wurde ihr im Laufe der Zeit immer klarer. Ihrer Ansicht nach fördert die Akademisierung der Pflege eine neue Dynamik und Zusammenarbeit zwischen den Berufsgruppen im Krankenhaus.

Akademische Pflege auf Augenhöhe

Heute ist sie nicht nur verantwortlich für mehr als 45 feste Mitarbeiter auf ihrer Station, sondern auch eine gefragte Ansprechpartnerin – auch für den ärztlichen Dienst. „Der kollegiale und fachliche Austausch mit dem ärztlichen Dienst findet auf Augenhöhe statt – zum Beispiel bei Themen wie Wundmanagement oder Risikoprozessmanagement.“

Ein zusätzlicher Gewinn: Pflegefachkräfte mit akademischem Background können ihre pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse gezielt in den Arbeitsalltag einbringen. Viele spezialisieren sich auf bestimmte pflegerische Schwerpunkte und erweitern damit die Kompetenzen im Team. „Im Studium lernt man, Zusammenhänge zu erkennen, Symptome wissenschaftlich einzuordnen und kritisch zu hinterfragen. Das stärkt unsere Handlungssicherheit und hilft, wichtige Informationen rechtzeitig weiterzugeben.“

Gleichzeitig gilt: Ärztliche Entscheidungen hängen wesentlich von den Beobachtungen und der Dokumentation der Pflege ab. Pflegefachkräfte verbringen die meiste Zeit am Patienten und liefern dadurch unverzichtbare Informationen für Diagnosen und Therapien.

Studium, Schichtdienst, Selbstmanagement: Ein Spagat mit System

Sieben Jahre lang lebte Leonie Müllner während ihres Studiums in Bochum – auch wenn ein Großteil ihres Studentenlebens in der U35 zwischen Herne und Bochum stattfand, wie sie mit einem Schmunzeln erzählt. Das Studium, das Theorie und Praxis eng miteinander verzahnt, war fordernd. Doch der Schichtdienst hatte auch Vorteile: „Man hatte unter der Woche auch mal zwei oder drei Tage frei – das war ideal zum Lernen oder für Hausarbeiten.“ Unterstützung kam nicht nur von Kommilitonen, sondern auch von der Hochschule und der Praxisstelle. „Wir haben Dienste getauscht, uns gegenseitig motiviert und Tipps gegeben – das war ein starkes Miteinander.“

Was das Pflegestudium von einer Ausbildung unterscheidet? „Der Blick fürs Ganze“, sagt sie. Während Auszubildende bestimmte Lernaufgaben absolvieren, bearbeiten Studierende komplexe Fallbeispiele, setzen sich mit wissenschaftlichen Texten auseinander und reflektieren ihr eigenes Handeln regelmäßig. Themen wie Kommunikation in schwierigen Situationen oder Supervision nehmen dabei einen großen Stellenwert ein.

Berufsalltag zwischen Management und Pflegepraxis

Leonie Müllners heutiger Berufsalltag ist geprägt von Vielseitigkeit: Dienstpläne erstellen, Personalgespräche führen, Qualitätsmanagement, Lagerbestände kontrollieren, Fortbildungen planen – all das gehört zu ihren Aufgaben. Doch eines steht für sie fest: „Der Patientenkontakt ist mir heilig. Ich plane meine Zeit so, dass ich weiterhin am Bett arbeiten kann – vor allem bei komplexen Fällen.“ Gerade hier zahlt sich ihre akademische Ausbildung aus. „Man erkennt eventuell früher, wenn sich ein Krankheitsbild verändert. Akademisierte Pflegekräfte tragen erwiesenermaßen dazu bei, die Patientensicherheit zu erhöhen und die Mortalität zu senken – zum Beispiel, weil Symptome etwa einer beginnenden Niereninsuffizienz ggf. schneller erkannt und vor allem kommuniziert werden.“

Herausforderungen im Pflegealltag professionell begegnen

Natürlich gibt es auch schwierige Momente: Beschwerden von Angehörigen, die mit Abläufen unzufrieden sind, oder die Einarbeitung neuer Kolleginnen und Kollegen. „Jeder lernt anders – da jedem gerecht zu werden, ist eine echte Herausforderung.“ Auch das Ausfallmanagement verlangt Fingerspitzengefühl: „Wir haben ein Wunschbuch für Schichten – das hilft enorm. Und wenn es eng wird, versuche ich Lösungen im Team zu finden, ohne andere Stationen zu belasten.“

Wichtig ist ihr dabei der kollegiale Austausch – auch mit der Pflegedienstleitung: „Hier kann man sich einbringen, wird auch mal gezielt gefragt, ob man an einem Projekt mitarbeiten möchte. Das bringt frischen Wind und macht Spaß.“

Pflege studieren? „Traut Euch!“

Für junge Menschen, die mit dem Gedanken spielen, ein Pflegestudium zu beginnen, hat die 33-Jährige einen klaren Rat: „Traut Euch, das zu machen! In der Pflege gibt es keine Sackgasse – nur unzählige Möglichkeiten.“ Ob Fachweiterbildung, Leitungsfunktion, praktische Pflegearbeit oder wissenschaftliche Tätigkeit – das Pflegestudium ist ein Türöffner. Und ein sicherer Arbeitsplatz ist praktisch garantiert.

Doch was sollte man mitbringen? „Motivation, Interesse, Teamgeist – und die Lust, Dinge zu verändern. Denn genau dafür bietet das Studium das nötige Rüstzeug.“

Und wie geht es weiter?

Aktuell ist Leonie Müllner zufrieden mit ihrer Rolle. „Ich möchte noch weiter mit meinem Leitungsteam arbeiten. Aber wer weiß – Ziele gibt es genug.“ Dass ihre berufliche Reise in der Pflege noch lange nicht zu Ende ist, steht für die Stationsleitung fest. Denn sie hat in ihrem Beruf etwas gefunden, das sie antreibt: Verantwortung übernehmen, Wissen weitergeben – und dabei immer ganz nah am Menschen bleiben.

Pflege studieren – das Wichtigste auf einen Blick

  • Dauer: 8 Semester (4 Jahre)
  • Abschluss: Staatsexamen + Bachelor of Science
  • Inhalte: Theorie und Praxis verzahnt, Schwerpunkte z. B. Kommunikation, Wundmanagement, wissenschaftliches Arbeiten
  • Vorteile: Vergütung während des Studiums, fundiertes Fachwissen, berufliche Entwicklungsmöglichkeiten
  • Berufsperspektiven: Stationäre und ambulante Pflege, Leitungsfunktionen, Wissenschaft, Lehre