90°, 180° und 360° – wer im Matheunterricht aufgepasst hat weiß, hier geht es um Winkelmaße. Nicht nur in der Mathematik, auch in der Physiotherapie spielen Winkel eine große Rolle: Der Winkelmesser – auch Goniometer genannt – ist das unverzichtbare Arbeitsutensil von Julia Quellmelz, Physiotherapeutin in der St. Elisabeth Gruppe. Sie erzählt uns, was der kleine Helfer mit Bewegung zu tun hat und wie er in ihrem Arbeitsalltag zum Einsatz kommt.
Unscheinbar und dennoch wichtig
Ein Winkelmesser besteht aus zwei beweglichen Schenkeln, die über eine Messscheibe miteinander verbunden sind – ein unscheinbares, aber wichtiges Arbeitsutensil von Julia Quellmelz. Das Goniometer kommt immer dann zum Einsatz, wenn die Gelenke der Patienten – in Folge von Operationen, Erkrankungen (z. B. Arthrose) oder Unfällen – an Beweglichkeit eingebüßt haben. "Mit einem Winkelmesser kann ich Bewegungseinschränkungen an den Gelenken feststellen und Verbesserungen im Laufe der Behandlung dokumentieren", so Quellmelz. "Man legt ihn an das betreffende Gelenk an und kann so messen, wie groß das Bewegungsmaß ist." Die genaue Dokumentation der Gelenkstellung hat erheblichen Einfluss auf die Wahl der Therapie und sagt viel über die Effektivität der Behandlung aus. Daher werden im gesamten Therapieverlauf – vom Befund über die einzelnen Behandlungseinheiten bis hin zum Abschluss- oder Entlassungsbericht – Messungen mit diesem Utensil durchgeführt. Da der Umgang mit einem Winkelmesser zum Arbeitsalltag gehört, nimmt die Vermittlung dieser Messtechnik einen großen Stellenwert in der Ausbildung zum Physiotherapeuten ein.
Therapiefortschritte messen
Leidet eine Patientin beispielsweise unter Schulterschmerzen, führt Julia Quellmelz im Laufe der Physiotherapie Übungen durch, mit dem Ziel, mögliche Schmerzen zu reduzieren sowie die Kraft, Beweglichkeit und Schulterfunktion zu verbessern. Im gesunden Zustand beträgt der Bewegungsausmaß des Schultergelenks 180°, dieses Maß an Beweglichkeit sollte nach einer Therapie wieder erreicht sein. Der Fortschritt wird mit dem Winkelmesser dokumentiert: "Bitte strecken Sie den Arm nach vorne aus und heben ihn so weit wie möglich an", so lautet die Anweisung der Physiotherapeutin, als sie das Goniometer am Schultergelenk der Patientin ansetzt. Der Drehpunkt wird hierbei am Gelenk angelegt und die beiden Schenkel des Goniometers werden an der Längsachse der Extremitäten – in diesem Fall am Oberarm – ausgerichtet. Mit der ausgeführten Bewegung wird ein Schenkel in die vorgegebene Bewegungsrichtung mitgeführt. Der am Ende der Bewegung auf der Drehscheibe anzeigte Wert ergibt das Maß der aktuell möglichen Gelenkbewegung. Ob Schulter-, Finger-, Ellbogen-, Knie oder Hüftgelenk, der Winkelmesser ist vielseitig einsetzbar.
Objektive Dokumentation
Julia Quellmelz nutzt das Goniometer auch im Rahmen der Erweiterten Ambulanten Physiotherapie: Diese wird nach Arbeitsunfällen angewendet, damit der Patient schnellstmöglich wieder fit für den Arbeitsalltag wird. Hier ist die objektive Messung und Dokumentation mit dem Goniometer besonders wichtig, damit ein Nachweis erbracht ist, ob die Therapie erfolgreich war und die Arbeitstätigkeit wieder aufgenommen werden kann.
Vielseitig einsetzbar
Neben den Winkelmaßen auf der Drehscheibe, kann Julia Quellmelz auch die Zentimeterangaben auf dem Utensil nutzen, um Bewegungsfortschritte zu messen. "Diese Methode wird beispielweise angewendet, um den Bewegungsradius der Fingergelenke festzustellen", so Quellmelz. Dabei liegt die Hand des Patienten mit dem Handrücken auf einem Tisch. Anschließend soll der Patient die Finger so weit wie möglich zu einer Faust formen: "Ich messe nun den Abstand zwischen Fingerkuppe und der Hohlhand für jeden Finger einzeln mit der Zentimeterangabe", erklärt die Physiotherapeutin. So kann der Fortschritt hin zum funktionellen Ziel des kompletten Faustschlusses dokumentiert werden.
Im Arbeitsalltag unverzichtbar
Nach der Untersuchung packt Julia Quellmelz das kleine Utensil wieder ein - bis zur nächsten Gelenkmessung: "Das Goniometer ist mein unverzichtbares Arbeitsutensil, da es durch die Winkel- und Zentimeterangaben bei jedem Gelenk einsetzbar ist. Ein weiterer Pluspunkt ist die einfache und schnelle Handhabung. Außerdem sind die Messergebnisse objektiv und für jeden Kollegen nachvollziehbar."